3.1.2000
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)

Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., phone/fax +91/1892/23363, e-mail: dsala@tchrd.org, website: www.tchrd.org

Tibet: Verschärfung der Repressionen

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie hat nun seinen Jahresbericht über die Menschenrechtslage in Tibet 1999 veröffentlicht. Der 140 Seiten umfassende Bericht dokumentiert die fortgesetzte und systematische Verweigerung und Verletzung der Freiheit von Religion und Meinungsäußerung, die Handhabung der willkürlichen Festhaltung und Folterung, die Verletzung des Rechtes auf Freiheit von Rassen Diskriminierung und den Mißbrauch der Rechte von Frauen und Kindern im ganzen Jahr 1999. Er wirft ein Licht darauf, wie die VR China fortfährt, die grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten des tibetischen Volkes zu vergewaltigen.

Das vergangene Jahr sah die offizielle Begehung einiger politisch bedeutsamer Jahrestage, darunter das 50-jährige Jubiläum der Gründung der VR China und die 40 Jahre seit der Annexion Tibets. Die chinesische Regierung nutzte diese Gelegenheiten, um ihrer Autorität noch mehr Gewicht zu verleihen, was zu weiteren Verletzungen der Menschenrechte des tibetischen Volkes führte. Sowohl in Tibet als auch in China verschärfte der Staat seinen harten Griff über jeden Bereich des Lebens, um seine Macht zu konsolidieren. Das ganze Jahr hindurch wurden Sicherheitsvorkehrungen in allen größeren Städten und Siedlungen verstärkt, um Manifestationen von nationaler Abweichung rechtzeitig vorzubeugen. Jeder Versuch, die Legitimität des Staates infrage zu stellen, wurde erbarmungslos niedergeschlagen. Und dennoch gab es inmitten dieses eisernen Zupackens des Staates einige Berichte über Tibeter, die Widerstand leisteten.

Der grausigste Ausdruck der Repression gegen das tibetische Volk, von der im vergangenen Jahr berichtet wurde, war, als auf 3.000 Tibeter, die friedlich um die Freilassung eines berühmten religiösen Lehrers demonstrierten, geschossen wurde. Mindestens 80 Tibeter wurden in der Folge verhaftet.

Bis Ende Dezember 1999 dokumentierte das TCHRD 615 ihm bekannte Fälle von politischen Gefangenen, die derzeit in verschiedenen chinesischen Gefängnissen in Tibet einsitzen, darunter 162 Frauen, von denen 62 Hafturteile über 10 Jahre abzubüßen haben. China fährt fort, unter dem Schlagwort "Gefährdung der Staatssicherheit" die Meinungs- und Ausdrucksfreiheit in Tibet zu unterdrücken.130 Tibeter wurden im vergangenen Jahr wegen Ausübung dieses Rechtes festgenommen. Acht politische Gefangene sahen ihr Strafmaß wegen der friedlichen Proteste im Drapchi Gefängnis im Okt. 1998 verlängert. Ngawang Sangdrol, die politische Gefangene mit der längsten Haftstrafe, hat nun im ganzen eine Freiheitsstrafe von 21 Jahren, nachdem ihr Urteil zum dritten Mal um 4 Jahre verlängert wurde. Durch die Schüsse und Folterungen nach den Protesten starben mindestens 10 Personen. Es gibt viele politische Gefangene, die in kritischem Gesundheitszustand sind und dringend medizinische Hilfe brauchen. Die Behörden ignorieren persistent die wiederholten Appelle, sie freizulassen und ihnen sofortige Behandlung zuteil werden zu lassen.

Der Bericht liefert auch Beweise für die weitverbreitete religiöse Verfolgung in Tibet. Im letzten Jahr wurden 1.432 Mönche und Nonnen, davon 244 unter 18 Jahren, aus ihren Klöstern ausgewiesen, weil sie sich den Anordnungen der chinesischen "Arbeitskomitees", den Dalai Lama zu verfluchen, widersetzten. Die Umerziehungsaktionen wurden in vielen Klöstern fortgesetzt, was ein Verstoß gegen die religiöse Freiheit des tibetischen Volkes darstellt. Unter dem Vorwand der besseren Überwachung wurden für Mönche und Nonnen Altersgrenzen festgesetzt, um die Zahl der Klosterinsassen zu reduzieren.

Seit Beginn der "Hart-Durchgreif-Kampagne" in 1996 dokumentierte das TCHRD 11.409 Ausweisungen und 541 Verhaftungen von Mönchen und Nonnen.

Die Häufigkeit, mit der zur Niederschlagung von Widerstand zur Folter gegriffen wird, ist alarmierend. Es gab Berichte über Folterung in jeder Phase der Festhaltung, angefangen von der Verhaftung, während der anfänglichen Untersuchungshaft und Befragung bis zu der eigentlichen Gefängnishaft. Letztes Jahr berichtete das TCHRD von 10 Todesfällen wegen Folterung, sechs davon ereigneten sich 1999. Seit die VR China die Konvention gegen die Folter unterschrieb, starben unserem Wissen nach 69 Tibeter als unmittelbare Folge von Mißhandlungen und Folterung.

Das Recht der tibetischen Frauen und Kinder wird weiterhin in großem Maßstab in Tibet verletzt. China hat zwar beide Konventionen zum Schutz der Rechte von Frauen und Kindern ratifiziert, doch lassen die Berichte von 1999 schließen, daß es sich nicht an ihre Verfügungen hält. Es gab Berichte über tibetische Frauen, die vom Staat zu Abtreibungen, Sterilisierungen und kontrazeptiven Eingriffen gezwungen wurden. "Nichtautorisierte" Schwangerschaften zogen Geldstrafen, Einschüchterungen und Entzug von Vergünstigungen, darunter auch das Recht auf Schuldbildung der Kinder nach sich. Es gibt bestätigte Berichte von Frauen, die durch die Zwangsterilisierung starben.

China fährt fort, den 10 Jahre alten Gendhun Choekyi Nyima, den 11. Panchen Lama Tibets, zusammen mit seiner Familie an einem geheimen Ort in Gewahrsam zu halten. Bitten ausländischer Regierungen und Organisationen, Zugang zu dem Kind zu bekommen, wurden beständig abgewiesen.

Die chinesische Regierung beansprucht, daß in den letzten 4 Jahrzehnten unter der kommunistischen Ära "umwälzende Fortschritte" in der Gesellschaft und der Menschrechtslage in Tibet gemacht wurden. Sie ignoriert jedoch die Tatsache, daß jedes Jahr Tausende Tibeter fliehen, um der repressiven Politik der Chinesen zu entkommen. Im letzten Jahr flohen 2.474 Personen aus Tibet, darunter 1.115 Kinder unter 18 Jahren.

Der Zustrom der Chinesen nach Tibet ist die ernsteste Bedrohung für das Überleben des tibetischen Volkes und der tibetischen Kultur. Bevölkerungsschätzungen sprechen davon, daß es bereits mehr Chinesen als Tibeter in Tibet gibt, was bedeutet, daß die Tibeter in allen Wirtschaftsektoren marginalisiert werden. 1999 war zum ersten Mal eine internationale Institution an einem Plan zur weiteren Transferierung von chinesischer Bevölkerung beteiligt. Die Weltbank finanzierte teilweise das Armuts-Reduzierungs-Schema in West China. Wenn dieser Plan zur Durchführung gelangt, dann wird der Anteil der Tibeter in dem Distrikt Dulan von 22% auf 14% der Gesamtbevölkerung sinken.

Trotz der Beteuerungen der Chinesen über den großen Fortschritt und das wirtschaftliche Wachstum in Tibet zeigen die Berichte des vergangenen Jahres, daß diese "Entwicklungen" in erster Linie den chinesischen Siedlern zugute kamen. Die repressiven und willkürlichen Besteuerungsmaßnahmen in landwirtschaftlichen Gebieten machen die Armut der tibetischen Nomaden und Bauern noch gravierender. Die meisten der zu einem "Wohlfahrtsstaat" gehörenden Grundrechte, wie das Recht auf angemessene Wohnung und Gesundheit bleiben unerfüllt.

Obwohl China zu den Unterzeichnern der internationalen Konvention über die Eliminierung aller Formen der Rassen Diskriminierung gehört, werden die Tibeter weiterhin diskriminiert. Tibetische Flüchtlinge erzählen von der unfairen und ungleichen Behandlung im Sektor der öffentlichen Repräsentation, der Erziehung, Beschäftigung, des Wohnungswesens und der Gesundheitsdienste.

"Die Regierungen der Welt fahren, verlockt durch die von China in Aussicht gestellten wirtschaftlichen Aussichten fort, vor den Mächtigen in Peking zu kapitulieren. Die EU beschloß, einer Menschenrechtsresolution der USA bei der 55. UN Kommission für Menschenrechte keine Unterstützung zu verleihen, womit sie ihre Niederlage bekundete. Die Regierungen sollten ihre Position zu Menschenrechtsfragen revidieren und mit einem Signal der Hoffnung und Gerechtigkeit für die unterdrückten Völker der Erde in das neue Millennium gehen", fügte Nyandak, der Leiter des TCHRD hinzu.

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